Der Wind dreht sich: Durchbruch bei Rechtsprechung zur Betriebsschließungsversicherung

Inzwischen gibt es erste Rechtsprechung zur Frage wann eine Bestriebsschließungsversicherung wegen Covid 19 zu leisten hat.. Während die ersten Entscheidungen eher zulasten der Versicherten gingen, dreht sich der Wind aktuell etwas. Das Kernproblem der bisherigen Entscheidungen war meistens, dass die Verträge aus einer Zeit stammen, in der es kein Corona gab. Daher ist Covid 19 auch nicht als Krankheitserreger wörtlich in den Versicherungsbedingungen aufgeführt.

Das Landgericht Bochum hat – insofern konsequent – gegen den Betriebsinhaber entschieden, weil Covid 19 nicht als Krankheitserreger in den Bedingungen aufgeführt ist (LG Bochum , Urt. v. 15. 7. 2020 – 4 O 215/20). Das LG Bochum geht davon aus, dass die Aufzählung der versicherten Krankheitserreger abschließend ist.

Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 15.07.2020 – 20 W 21/20 – ebenfalls entschieden, dass kein Versicherungsschutz besteht, wenn Covid-19 nicht ausdrücklich in den Bedingungen aufgeführt ist. Ausschlaggebend war im entschiedenen Fall jedoch, dass es in den Bedingungen ausdrücklich formuliert war, dass

“nur die im Folgenden aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger (…)”

den Versicherungsfall auslösen. Durch das Wort “nur” wurde hier festgelegt, das noch nicht erfasste – weil noch nicht bekannte – Krankheiten/Erreger ausgeschlossen sind.

Im entschiedenen Fall hing die Entscheidung am Wort “nur”.Jedoch gibt die Urteilsbegründung einen Vorgeschmack darauf, dass es auch zu einer anderen Entscheidung kommen kann:

“Sofern in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die in den §§ 6 und 7 Infektionsschutzgesetz *namentlich* genannten Krankheiten und Krankheitserreger verwiesen wird, sprechen die besseren Argumente für das Bestehen des Versicherungsschutzes.”

Dann sei von einem “dynamischen Verweis” auszugehen. Das bedeutet, die Bedingungen sprechen dafür, dass immer Versicherungsschutz für die Krankheiten / Erreger der aktuellen Fassung des Infektionsschutzgesetzes bestehen soll.

Einen anderen Weg zugunsten der Versicherungsnehmer geht ganz aktuell das Landgericht München I mit seiner Entscheidung vom 01.10.2020 (12 O 5895/20):

Hier geht das Gericht davon aus, dass die Klausel in der die Krankheitserreger aufgeführt sind,intransparent und damit unwirksam ist. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer darf davon ausgehen, dass in den Bedingungen die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes zu finden ist. Damit dürfe er davon ausgehen, dass die im Infektionsschutzgesetz benannten Krankheiten und Krankheitserreger grundsätzlich den Versicherungsfall bei Betriebsschließung auslösen.

Auch sei das Infektionsschutzgesetz seit dessen Einführung vom Jahr 2000 mehrfach geändert worden. Es sei dem Versicherungsnehmer nicht zuzumuten letztlich die Auflistung in den Bedingungen Wort für Wort mit dem Gesetzestext abzugleichen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im Thema “Betriebsschließung wegen Corona” bleibt Dynamik. Eine fachmännische Prüfung des Versicherungsschutzes ist in jedem Falle lohnenswert.

Björn Hülsenbeck – Ihr Gesundheitsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Fachanwalt für Sozialrecht

0
  ähnliche Beiträge
  • No related posts found.